Im August 2021 haben acht Abgeordnete dem ghanaischen Parlament einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für die LGBTQ+-Gemeinschaft extrem harte Strafen vorsieht. Das neue Gesetz soll das bisherige Gesetz zur Bestrafung Homosexueller in Ghana ablösen. Dieses „Anti-LGBT-Bill“ beeinflusst auch das Verhältnis der Mitgliedskirchen der Norddeutschen Mission.
Es könnte eines der gefährlichsten Gesetze für queere Menschen weltweit werden: Das ghanaische Parlament prüft derzeit einen Gesetzentwurf, wonach queeren Personen zukünftig bis zu fünf Jahre Haft drohen. Auch die Unterstützung queerer Personen stünde unter Strafe und intergeschlechtliche Personen könnten zu Operationen gezwungen werden. Laut Gesetzentwurf müssten „homosexuelle Handlungen“ dann der Polizei gemeldet werden. Wer dies unterlässt, muss ebenfalls mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen.
Die NM-Geschäftsstelle verurteilt diesen Gesetzesentwurf scharf und hat das auch in einer Pressemitteilung vom 15. Februar 2022 der kirchlichen und säkularen Öffentlichkeit deutlich gemacht. Sehr schwierig und hart war allerdings die Diskussion der sechs NM-Mitgliedskirchen untereinander. Während die vier deutschen Kirchen den Gesetzesentwurf eindeutig ablehnten, befürworteten ihn die beiden afrikanischen Kirchen.
Diese Klarheit hat nun allerdings etwas bewegt. Die Kirchenvertreter aus Ghana und Togo erklärten, sie würden den Gesetzesentwurf in Zukunft nicht öffentlich unterstützen. Auch von den Kanzeln dieser Kirchen würde keine Verurteilung von LGBTQ-Personen zu hören sein. Stattdessen sollten Gespräche über LGBTQ-Themen in der „Familie“ der Kirchen der Norddeutschen Mission geführt werden. Für die Evangelical Presbyterian Church Ghana und die Église Évangélique Preybytérienne du Togo stehen dabei verschiedene Fragestellungen im Vordergrund: Biblisches Zeugnis, Reproduktion und afrikanische Tradition.
Vor der Hauptversammlung im April dieses Jahres fand ein erster Workshop der Vorstandsmitglieder zu diesen Themen statt. Prof. Dr. Werner Kahl referierte zu Auslegungsfragen der Bibel. Tsepo Bollwinkel, Empowerment und Anti-Rassismus Trainer, beleuchtete vorkoloniale gesellschaftliche Strukturen in Afrika, die keine Marginalisierung von LGBTQ-Personen kannten.
Im Juni hielt Namupa Shivute aus Namibia einen öffentlichen Vortrag in der Geschäftsstelle der NM zum Thema „Das LGBTQ-Movement und Menschenrechte in Afrika“. Die Videofassung des Vortrags (auf Englisch) befindet sich gerade in Bearbeitung und wird nach Fertigstellung auf der Facebook-Seite der NM und auf ihrem Videokanal zu sehen sein.
Zudem finanzierte die NM eine Konferenz des „Center for Religious and Public Life in Ghana“ (CRPL). Sie fand im September unter dem Titel „The Church and the Human Sexual Rights and Family Values Act, 2021“ statt. Die einzelnen Vorträge waren auf die Themen bezogen, die auch die Mitgliedskirchen der NM in Ghana und in Togo umtreiben. Zudem wurde die Herkunft des Gesetzesentwurfs noch einmal deutlich in Frage gestellt. Wer ist denn diese „National Coalition“, die ihn eingebracht hat, eigentlich? Wer verbirgt sich dahinter? Das scheint in Ghana nicht sehr deutlich zu sein.
Der Synodalsekretär der Evangelical Presbyterian Church Ghana hat als Vertreter seiner Kirche und als Vertreter der NM an dieser Konferenz teilgenommen. Sein Fazit: „I was excited to have the opportunity to participate in the conference. It was deep educating.“ („Ich war begeistert, dass ich die Möglichkeit hatte, an der Konferenz teilzunehmen. Sie war sehr lehrreich.")
Im November wird die NM mit einem Beitrag an einem Seminar an der Missionsakademie Hamburg beteiligt sein, die nach einem Umgang mit unterschiedlichen Positionierungen in Missionswerken zu LGBTQ+ fragt.
Der Weg der NM im Umgang mit den verschiedenen Positionierungen ist „Im-Gespräch-Bleiben“. Eindeutiges Ziel dieses Kommunikationsweges ist es, die Menschenrechte zu wahren. Es ist keine Möglichkeit, schnelle Ergebnisse einer Bewusstseinsveränderung zu erzielen, aber eine, die möglicherweise dazu dient, dass sich die Mitgliedskirchen in Ghana und in Togo nicht weiter radikalisieren und sich ganz und gar dem Spektrum der Kirchen angehörig fühlen, die den „Anti-LGBT-Gesetzesentwurf“ unterstützen.
(LGBTQ+ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer und weitere Identitäten.)